Veröffentlichung

Ch. Piribauer1, R. Knodt2, St. Link3, M. Engels4, B. Stern5, N. Braun6

 

In einem ZIM-Vorhaben (ZF4268907 AG7), das sich mit der Rolle von Huminstoffen in keramischen Tonen befasste, wurde die Wirkung geogener Huminstoffe sowie von Huminstoff-Additiven auf die Verarbeitungseigenschaften keramischer Tone untersucht. Es zeigte sich, dass von den eingesetzten Produkten der Firma Humintech GmbH insbesondere das Natrium-Humat geeignete Eigenschaften aufweist. Das erzielte Verflüssigungsverhalten rheologischer Schlicker ist vergleichbar mit handelsüblichen Verflüssigern auf Natrium- und auch auf Humat-Basis. Neben der guten Verflüssigung keramischer Rohstoffe und Schlicker weisen die keramischen Prüfkörper zusätzlich eine erhöhte Trockenbiegefestigkeit auf, vermutlich begründbar mit der Bildung stabiler Ton-Humus-Komplexe. Zur besseren Qualitätskontrolle wurde im Rahmen des Vorhabens die neue DIN EN ISO 19822 zur Bestimmung der Huminstoff-Fraktionen erprobt und erfolgreich etabliert.

1 Einleitung

Zur Verflüssigung keramischer Rohstoffe werden unter anderem Huminstoffe eingesetzt. Die Grundbausteine der Huminstoffe sind hochmolekulare aromatische Moleküle mit einem hohen Anteil an Phenol- und Carboxylgruppen, an denen sich Peptide, Kohlenwasserstoffe, phenolische Säuren und andere Spurenelemente anlagern können. Sie werden üblicherweise in Fulvinsäuren, Huminsäuren und Humine unterteilt; als Unterscheidungsmerkmal wird ihre Löslichkeit im wässrigen Medium bei verschiedenen pH-Werten genutzt (Bild 1). Ihre Komplexität und Diversität ist abhängig von ihrer Genese in unterschiedlichen Bildungsräumen.

Durch die Interaktion von Huminstoffen mit Tonmineralen und anderen Mineralkomponenten bilden sich stabile Verbindungen, welche als Ton-Humus-Komplexe bezeichnet werden. Durch Aufbereitung hergestellte Huminsäuren sind schon länger als Verflüssiger in der Industrie im Einsatz. Ebenfalls sind die rheologischen Eigenschaften natürlicher C-haltiger Tone bekannt. Die genaue Wirkungsweise sowie die Rolle der geogenen sowie aus Leonardit extrahierten Huminstoffe bzw. ihrer Fraktionen im Herstellungsprozess von Keramik zu kennen, um die positiven Eigenschaften gezielt zu nutzen, war Ziel des Vorhabens.

Abbildung 1: Einordnung der Huminstoffe nach ihrer Größe, Komplexität und Löslichkeit

2 Arbeitsprogramm und Methodik

2.1 Charakterisierung der Tone und der extrahierten Huminstoffe

Für die Untersuchungen im Vorhaben wurden drei Steinzeug-Rohstoffe (nachfolgend Ton 1, Ton 2 und Ton 3) aufgrund ihrer unterschiedlichen geogenen Kohlenstoff-Gehalte sowie ein Steingutton ausgewählt und zunächst chemisch-physikalisch, wie folgt, charakterisiert:

  • RFA: DIN 51001 : 2003-08 und in Anlehnung an DIN EN ISO 12677 : 2013-02;
  • Glühverlust bei 1050 °C: FGK-AV Glühverlust;
  • Kationenaustauschkapazität (KAK): FGKAV Cu-KAK (Kupfer-Triethylentetramin-Methode);
  • Korngrößenverteilung: DIN EN 725-5 : 2007-04 (Laserstreulichtverfahren; Auswertung: Fraunhofer-Näherung);
  • Spezifische Oberfläche: DIN ISO 9277 (BET);
  • Kohlenstoff (Cges und Corg): ISO 10694;
  • Schwefel: DIN 51085 : 2015-01 (Verfahren B, Verbrennungsanalyse);
  • Lösliche Salze: Eluat in Anlehnung an DIN EN 12457-4, Kationen in Anlehnung an DIN EN ISO 11885 (ICP-OES), Anionen DIN EN ISO 10304-1 (Ionenchromatographie);
  • pH-Wert: DIN EN ISO 10523.

Eine separate Charge des Tons 3 wurde zur Untersuchung der Langzeiteigenschaften verwendet und ist nachfolgend als Ton 4 bezeichnet.

Seitens der Humintech GmbH wurden zwei extrahierte Humate (Extraktion in KOH bzw. NaOH) sowie eine Fulvinsäure (ein Beiprodukt aus der Wasseraufbereitung) zur Verfügung gestellt (nachfolgend NaH, KH und F), die unter anderem ebenfalls mittels:

  • RFA: DIN 51001 : 2003-08 und in Anlehnung an DIN EN ISO 12677 : 2013-02;
  • Kohlenstoff: ISO 10694;
  • Schwefel: DIN 51085: 2015-01 (Verfahren B, Verbrennungsanalyse) analysiert wurden.

2.2 Huminstoffanalytik gemäß DIN EN ISO 19822 (2018-08)

Die im August 2018 veröffentlichte DIN EN ISO 19822 „Düngemittel und Bodenverbesserungsmittel – Bestimmung des Gehalts an Huminsäuren und hydrophoben Fulvinsäuren in Düngematerialien“ wurde erprobt, um den Gehalt an Huminstoffen zu bestimmen sowie eine Differenzierung zwischen Humin- und Fulvinsäuren zu ermöglichen. Die Analytik beruht auf der gravimetrischen Bestimmung der Huminsäuren (HA) und der hydrophoben Fulvinsäuren (HFA), jeweils nach Extraktion bei unterschiedlichen pH-Werten (Bild 2). Ein Vorteil gegenüber in der Vergangenheit praktizierten, nicht genormten Verfahren ist die Korrektur bezüglich des Anteils an Aschen, der jeweils ebenfalls gravimetrisch bestimmt wird. Die Reproduzierbarkeit des Verfahrens wurde insbesondere für NaH und im Vergleich dazu mit Leonardit (LeonHT), dem Ausgangsmaterial für die extrahierten Humate, erprobt. Versuche zur optimalen Probenvorbereitung erfolgten zunächst durch Einlagerung im Exsikkator mit und ohne Stickstoff-Flutung sowie durch Einlagerung im Trockenschrank bei jeweils 40, 60 und 110 °C.

Abbildung 2: Analyse von Huminstoffen nach EN ISO 19822 (2018-08); schematischer Überblick der Extraktionsschritte

2.3 Versuche zur Eignung geogener Huminstoffe im Ton als keramische Verflüssiger und deren Langzeitverhalten

Ton 4 wurde nach sorgfältiger Probenteilung für die Langzeitversuche in verschlossenen Plastiktüten eingelagert, um den Versand von Ton in Big Bags zu simulieren. Im Abstand von je zwei Wochen wurde die Huminsäurekonzentration gemäß DIN EN ISO 19822 sowie der Anteil an Gesamt (Cges), organischen (Corg) und anorganischen Kohlenstoff (Canorg) bestimmt. Ebenso wurden lösliche Salze, der pH-Wert gemäß den im Abschnitt 2.2 genannten Verfahren sowie die Leitfähigkeit gemäß DIN EN 27888 (1993-11) gemessen.

An einfachen Tonsuspensionen (35 Masse-% Feststoff, 65 Masse-% VE-Wasser) wurden einfache rheologische Messungen ohne Zusatz von Verflüssigern durchgeführt (Ein-Punkt-Messungen sowie Sprungversuch).

2.4 Versuche zur Eignung extrahierter Huminstoffe als keramischer Verflüssiger

Erste Versuche erfolgten mit den Huminstoff-Produkten NaH, KH und F der Humintech GmbH mit den Tonen 1–3 im Vergleich zu verschiedenen handelsüblichen Verflüssigern. Hierzu wurden Suspensionen mit 64 Masse-% Feststoff und 36 Masse-% destilliertem Wasser hergestellt. Weiterführende Versuche erfolgten mit dem nahezu C-freien Steinzeugrohstoff Ton 2 sowie zum Vergleich mit einem Steingutton. Pro Rohstoff wurde ein möglichst hohes und gleiches Litergewicht für alle erprobten Verflüssiger eingestellt.

Zusätzliche Vergleichsmessungen an Suspensionen ohne Verflüssiger erfolgten ebenfalls bei konstantem, jedoch geringerem Litergewicht. Zusätzlich zu NaH wurde noch Natriumcarbonat (Na2CO3, p. a.; Merck) sowie Na-Wasserglas (36 %, technisch, Fischar) eingesetzt. In einer Sanitärkeramikmasse (FFC-Masse) erfolgten schließlich vergleichende Untersuchungen zwischen der Wirkung des Standardverflüssigers des Sanitärkeramikproduzenten, einem Natrium-Metasilikat, mit NaH sowie dem Ausgangs-Rohstoff für die Humat-Extrakte LeonHT. Die Masse wurde analog den Betriebsbedingungen hergestellt.

Die rheologischen Untersuchungen in den Suspensionen bei optimaler Verflüssigerkonzentration erfolgten gemäß einer neuen FGK-Arbeitsvorschrift, in der die neuesten Erkenntnisse zur bestmöglichen Rheologie-Messmethodik aus [1] enthalten sind und die als Grundlage für den derzeit in Arbeit befindlichen neuen Leitfaden der Deutschen Keramischen Gesellschaft dient.

Die Trockenbiegefestigkeit (TBF) wurde gemäß FGK-Arbeitsvorschrift nach Trocknung bei 40 °C geprüft (AV-TBF: Bestimmung der Trockenbiegefestigkeit, Prüfung keramischer Roh- und Werkstoffe. Die AV basiert auf den zurückgezogenen Normen DIN 51 030, TGL 18 883, Teil 1 und 2, und der ASTM C 689-93).

3 Ergebnisse

3.1 Charakterisierung der Tone und der Huminstoffe

Die Steinzeugtone (Ton 1–3, Tab. 1) ähneln sich in ihrer chemischen Zusammensetzung, in ihrer Kationenaustauschkapazität, in der Korngrößenverteilung und in ihrer spezifischen Oberfläche. Eine Ausnahme bildet Ton 2, der im Vergleich einen höheren SiO2– und niedrigeren Al2O3-Gehalt aufzeigt, was mit einem größeren Anteil an Quarz und einem geringeren Anteil an Tonmineralen begründbar ist.

Bezüglich Schwefel und der löslichen Salze zeigen sich deutlichere Unterschiede zwischen den Tonen: Die höchsten Gehalte an Sulfat zeigen die Proben Ton 1 sowie Ton 4 (2394 mg/kg und 1635 mg/kg). Der Gehalt an organischem Kohlenstoff ist in den Tonen 1, 3 und 4 sowie dem Steingutton bei über 1 %, Ton 2 ist mit Corg von 0,06 Masse-% als C-frei zu bezeichnen. Die mineralogische Zusammensetzung der Tone 1–3 ist geprägt durch Quarz sowie die Tonminerale Kaolinit und Illit. Die detaillierten chemisch-physikalischen Eigenschaften der verwendeten Tone sind den Tab. 1–2 zu entnehmen. Aufgrund ihrer verflüssigenden Eigenschaften bei keramischen Tonen lag der Hauptfokus bei den extrahierten Huminstoffen auf Na-Humat. Die Natriumkonzentration (Tab. 3) lässt auf lösliche und damit verfügbare sowie beim Herstellen keramischer Schlicker verflüssigend wirksame Natriumionen schließen. Dieser Inhaltsstoff entstammt vor allem dem Extraktionsmittel NaOH, welches neben dem nachgewiesenen Na2CO3 und weiteren leicht löslichen Na-Salzen anwesend ist. Natrium kann zudem auch als Bestandteil des Huminstoff-Moleküls aufgrund dessen Kationenaustauschvermögens verflüssigend wirksam werden. Die Röntgenbeugungsanalysen der Probe NaH zeigen die Anwesenheit von Kaolinit und Quarz in der organischen Huminstoff-Matrix. Die Analysen deuten auch auf die Anwesenheit von Natriumcarbonat hin.

Tabelle 1: Chemisch-physikalische Eigenschaften der verwendeten keramischen Steinzeugtone 1–3 (n. b. = nicht bestimmt); RFA: Elementoxidkonzentrationen < 0,10 % nicht aufgeführt
Tabelle 2: Ergebnisse der Kohlenstoffanalyse im Steingutton (SG)
Tabelle 3: Ausgewählte chemische Eigenschaften des Produktes NaH; RFA: Elementoxidkonzentrationen < 0,10 % nicht aufgeführt

3.2 Eignung geogener Huminstoffe im Ton als keramischer Verflüssiger und deren Langzeitverhalten

Mit einer speziellen Versuchsreihe wurde die Rolle der geogenen Huminstoffe im Ton 4 in Abhängigkeit von der Lagerungsdauer untersucht (Tab. 4). Abweichend von der DIN EN ISO 19822 wurde die Probe bei 40 °C getrocknet und die Probenmenge wegen der geringen Kohlenstoffgehalte im Ton (ca. 3,5 Masse-%) im Vergleich zur Norm um den Faktor 10 erhöht. Die Huminsäuregehalte gemäß ISO 19822 steigen mit der Zeit kontinuierlich an.

Der pH-Wert nimmt kontinuierlich ab. Die Viskosität sinkt bis etwa 4 Wochen Lagerungsdauer und steigt danach wieder an. Die Konzentrationen der löslichen Salze sowie die Leitfähigkeit erhöhen sich bis zum Messzeitpunkt nach 6 Wochen Lagerungsdauer und sinken danach wieder.

Besonders deutlich ist die Konzentrationserhöhung beim Sulfat zu sehen, welches einen viskositätserhöhenden Einfluss auf die Rheologie von Tonschlickern hat. Nach 8 Wochen sinken die Leitfähigkeit und der Sulfat-Anteil ebenso wie die Konzentration der Erdalkalien Magnesium und Calcium.

Tabelle 4: Langzeiteigenschaften von Ton 4 (n. b. = nicht bestimmt)

3.3 Versuche zur Eignung extrahierter Huminstoffe als keramischer Verflüssiger

Ton 2 wurde aufgrund des niedrigen Gehaltes an Corg für Versuche zur Wirkung von extrahierten Huminstoffprodukten verwendet. Erste Vorversuche zeigten einen starken Unterschied zwischen KH, NaH sowie FH (Bild 3).

Demnach kommt insbesondere das NaH als Verflüssiger für Tonkeramik infrage, da die verflüssigende Wirkung derjenigen verschiedener handelsüblicher Produkte entspricht. Zusätzliche Zeta-Potential-Messungen zeigen eine Ladungserhöhung mit Zugabe der Produkte insbesondere bei alkalischen pH-Werten. Dies entspricht Beobachtungen aus der Literatur [2, 3] und ist besonders für NaH deutlich feststellbar, welches auch die besten Verflüssigungseigenschaften aufweist. Neben dem positiven Einfluss auf die rheologischen Eigenschaften wurde ebenfalls eine Erhöhung der TBF bei der Verwendung von Huminsäuren (NaH sowie KH) festgestellt (Bild 4).

Abbildung 3: Vorversuche mit aufbereiteten HuminstoffExtrakten von Humintech im Vergleich zu handelsüblichen Verflüssigern (Standard-Verflüssiger v. l. n. r.: Na-Disilikat, Polycarbonsäure, Natriumsalz; Humat-/ Silikat-Zubereitung)

Abbildung 4: TBF von Ton 2 nach der Schlickerherstellung mit aufbereiteten Huminstoff-Extrakten von Humintech als Verflüssiger, im Vergleich zu handelsüblichen Verflüssigern, jeweils bei optimaler Verflüssigerkonzentration [Fulvinsäure: 2 Masse-%; Na-Humat: 0,6 Masse-%; K-Humat: 0,9 Masse-%; Verflüssiger 1 (Na-Disilikat): 0,3 Masse-%; Verflüssiger 2 (Humat-/Silikat-Zubereitung): 0,8 Masse-%]
Weiterführende Versuche wurden mit NaH im Vergleich zu anderen natriumbasierten Verflüssigern, die jedoch keine Huminsäure enthalten, hinsichtlich Rheologie und TBF durchgeführt. Damit sollte geprüft werden, ob sich das Natrium im NaH möglicherweise stärker auf die Verflüssigung auswirkt als das Humat. Weiterhin sollten die Versuche die TBF-Erhöhung bei Einsatz von Huminsäuren untermauern.

Tab. 5 zeigt die Versuchsparameter bei maximal möglichem Feststoffgehalt (hohes Litergewicht), die Bilder 5–8 die rheologischen Eigenschaften und Bilder 9–10 die resultierende TBF. In Tab. 5 und den Bildern 9–10 sind zusätzlich Werte von Versätzen mit geringeren Feststoffgehalten aufgeführt. Diese Versuche wurden durchgeführt, um einen Vergleich gegenüber einer „Nullprobe“, ohne Zusatz von Verflüssiger, zu ermöglichen.

Die Schlickereigenschaften, insbesondere die Viskosität und Thixotropie der Schlicker mit NaH, können auch im Vergleich mit den handelsüblichen Verflüssigern als sehr zufriedenstellend bezeichnet werden. Die Tendenz der erhöhten TBF bei Einsatz von NaH im Vergleich zu handelsüblichen Na-basierten Verflüssigern bestätigte sich, unabhängig vom Litergewicht, bei diesen Versuchen.

Tabelle 5: Schlickerparameter für die weiterführenden Versuche an Steingutton und Steinzeugton (Ton 2). Oben: maximal erzielbares Litergewicht mit Verflüssiger; unten: maximal erzielbares Litergewicht bei Herstellung einer „Nullprobe“ ohne Verflüssiger
Abbildung 5: Fließkurven Steingutton (1740 g/l)
Abbildung 6: Fließkurven Steinzeugton (1670 g/l)
Abbildung 7: Sprungversuche Steingutton (1740 g/l)
Abbildung 8: Sprungversuche Steinzeugton bei maximal erzieltem Litergewicht mit Verflüssiger (1670 g/l)
Abbildung 9: Trockenbiegefestigkeit (TBF) des Steinguttons incl. Standardabweichung
Abbildung 10: Trockenbiegefestigkeit (TBF) des Steinzeugtons incl. Standardabweichung

3.4 Versuche in einer FFC-Sanitärkeramikmasse

Um die Wirksamkeit in der Anwendung in der keramischen Industrie zu bestimmen, wurden ebenfalls Versuche mit einem Sanitärkeramik-Schlicker (FFC-Masse für Waschbecken, die eine besonders hohe TBF benötigen) durchgeführt. Es wurde die Wirkung von Na-Metasilikat (Standardprodukt für diese Masse) mit der von aufbereiteten Huminsäuren (NaH) verglichen sowie mit einer Mischung von Na-Metasilikat mit Leonardit, dem Rohstoff für die alkalische Extraxtion der Huminsäuren.

Das Leonardit (LeonHT) wurde direkt im Verflüssiger des Sanitärkeramikproduzenten dissoziiert, da hier die Löslichkeit der vorliegenden Huminsäuren wegen des alkalischen Milieus gegeben ist.

Sämtliche Versätze zeigten ein sehr gutes Gießverhalten. Insgesamt konnten die Ergebnisse aus den Versuchen mit den einzelnen Rohstoffen bestätigt werden: NaH wirkt sich sowohl auf die Rheologie als auch auf die TBF in einer betrieblich eingesetzten Sanitärkeramikmasse außerordentlich positiv aus (Tab. 6, Bild 11).

Abbildung 11: Trockenbiegefestigkeit (TBF) der FFC-Betriebsmasse

4 Diskussion und Ausblick

Die Quantifizierung von Huminstoffen mittels DIN EN ISO 19822 (2008-08) zeigt die beste Reproduzierbarkeit bzgl. HA nach Trocknung bei 60 °C. Der Vergleich zwischen den Messungen der Proben LeonHT sowie NaH lassen auf einen starken Einfluss der Matrix zurückschließen, welche die Reproduzierbarkeit negativ beeinflusst (Bild 12).

Die Bestimmung von HA gemäß DIN EN ISO 19822 stellt eine exakte Methode zur Ermittlung des Huminsäure- und auch des Fulvinsäureanteils dar. Die Bestimmung des Fulvinsäureanteils ist mit einem sehr hohen experimentellen Aufwand verbunden (Anreicherung und Rückgewinnung über Ionenaustauschersäulen). Da die Fulvinsäureanteile in Tonrohstoffen aufgrund ihrer hohen Löslichkeit in Wasser bei allen pH-Werten häufig sehr gering sind, kann auf ihre Bestimmung meist verzichtet werden.

Eine Absicherung des geringen Fulvinsäureanteils kann vorab durch die Bestimmung von Corg oder DOC im wässrigen Eluat erfolgen. Für die Rohstoff- und Keramikindustrie ist die Differenzierung zwischen verflüssigend wirksamer Huminsäure und inertem unlöslichen Huminstoffrest von großem Interesse, was durch Bestimmung von Corg oder den TOC (Total Organic Carbon) sowie der HA gemäß DIN EN ISO 19822 möglich ist.

Der Einfluss geogener Huminstoffe auf die Verarbeitungseigenschaften wurde mit Hilfe eines Langzeitversuches überprüft. Der dazu eingelagerte C-haltige Sanitärkeramikton (Ton 4, Corg = 3,5 Masse-%) wurde aufgrund seiner guten rheologischen Eigenschaften (geringe Viskosität, hohe Thixotropie für eine gute Scherbenbildung), welche sich aber über die Zeit verändern, ausgewählt.

Bild 13 zeigt eine Zusammenstellung der wichtigsten, die rheologischen Eigenschaften betreffenden Parameter. Die Abnahme der Viskosität mit fortdauernder Oxidation des Tones kann mit der Oxidation von Braunkohleresten und der damit verbundenen Zunahme der Huminsäureanteile erklärt werden.

Abbildung 12: Ergebnisse und Statistik der HA-Bestimmung gemäß ISO 19822 in den Proben NaH und LeonHT, dem Ausgangsprodukt der Firma Humintech für die Humate bei 60 °C bzw. 110 °C
Abbildung 13: Relevante Parameter der Langzeitversuche

Gleichzeitig findet aber ebenfalls eine Oxidation von akzessorischen Begleitmineralien, wie beispielsweise Pyrit (FeS2) statt, welche den Gehalt an Sulfat und löslichen Salzen (hier dargestellt als die Zunahme der Leitfähigkeit) erhöht.

Ab einem gewissen Zeitpunkt überwiegen die negativen Effekte den positiven Einfluss der Huminsäuren und die Viskosität nimmt wieder zu, bis sich durch weitere Reaktionen, wie zum Beispiel die Fällung von Gips, ein Gleichgewicht einstellt.

Die Wirksamkeit geogener Huminstoffe im Ton in Bezug auf die Rheologie ist erfolgreich nachgewiesen worden; es ist jedoch zu berücksichtigen, dass diese geogenen Huminstoffe aufgrund möglicher Reaktionen mit Luft-Sauerstoff und Feuchte eine häufig unerwünschte Dynamik in das System bringen, die gemeinsam mit weiteren Veränderungen in der chemischen Zusammensetzung des Systems ein nicht stabiles Langzeitverhalten im keramischen Prozess bewirken können.

Der Zusammenhang zwischen einer Veränderung in der Zusammensetzung der Tone und dem Einfluss auf die Langzeitstabilität im Sinne von Verarbeitungseigenschaften ist Gegenstand zukünftiger Forschungstätigkeiten.

Die Eignung der eingesetzten extrahierten Huminstoffe als keramische Verflüssiger wurde in mehreren Versuchen mit unterschiedlichen Tonen und auch in einem keramischen Versatz erfolgreich belegt. Insbesondere NaH zeigt einen positiven Einfluss auf die rheologischen Eigenschaften, ähnlich verschiedener handelsüblicher Produkte. Zusätzlich ist eine Verbesserung der TBF festgestellt worden, welche u. a. auf die Bildung stabiler Ton-Humus-Komplexe zurückzuführen ist [4, 5]. Natriumhumat (NaH) kann demnach als gut wirksamer Verflüssiger problemlos eingesetzt werden. Es wird vermutet, dass der Einfluss des Na triums eine größere Rolle im Hinblick auf die Verflüssigungseigenschaften von Rohstoffen als die eigentliche Huminsäure spielt.

Ein vergleichbares Verhalten sowohl im Hinblick auf die Rheologie als auch die TBF beim Einsatz von NaH in weiteren Rohstoffen und keramischen Massen ist zu vermuten, muss jedoch im Einzelfall sorgfältig überprüft werden. Ebenso ist im Einzelfall zu prüfen, ob eine Kombination mit anderen Verflüssigern, wie z. B. Natrium-Wasserglas oder Natrium-Metasilikaten, zu einer noch weiter optimierten Rheologie führen könnte (Scherbenbildungsverhalten).

Danksagung

Die Autoren bedanken sich bei Cara Breiden, Julia Apel und Daniel Dahler vom FGK – Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe – Glas / Keramik – GmbH für die verlässliche Laborarbeit.

Literatur

[1] Engels, M.; et al.: Rheologie – Mess- und Bewertungsverfahren tonmineralhaltiger Rohstoffe – Schlussbericht zum IGF-Verbundvorhaben. Untersuchung und Identifizierung rheologischer Wechselwirkungen tonmineralhaltiger Rohstoffe in wässrigen Systemen mithilfe der Entwicklung eines Mess- und Bewertungsverfahrens auf Basis der Rotationsviskosimetrie. Schlussbericht zum IGFVorhaben Nr. 17882 N; 2017, FGK, Universität Koblenz

[2] Souza, F. de; Bragança, S.: Extraction and characterization of humic acid from coal for the application as dispersant of ceramic powders. J. of Mater. Research and Technol. 7 (2018)

[3] 254–260. DOI: 10.1016/j.jmrt.2017.08.008 [3] Tombácz, E.; et al.: The role of reactive surface sites and complexation by humic acids in the inter action of clay mineral and iron oxide particles. Organic Geochemistry 35 (2004) 257–267 DOI: 10.1016/j.orggeochem. 2003.11.002

[4] Jasmund, K.; Lagaly, G.: Tonminerale und Tone – Eigenschaften, Anwendung und Einsatz in Industrie und Umwelt. Darmstadt 1993. DOI: 10.1007/978-3-642-72488-6

[5] Amelung, W.; et al.: Scheffer/Schachtschabel: Lehrbuch der Bodenkunde, Berlin 2018

[6] Lamar, R.T.; et al.: A new standardized method for quantification of humic and fulvic acids in humic ores and commercial products. J. of AOAC Int. 97 (2014) [3] 721–730. DOI: 10.5740/ jaoacint.13-393

 

1; 2; 3 ; 4 Christoph Piribauer, Rita Knodt, Stefan Link, Marcel Engels FGK – Forschungsinstitut für Anorganische Werkstoffe – Glas/Keramik – GmbH 56203 Höhr-Grenzhausen

5; 6 Berthold Stern, Nadine Braun Humintech GmbH 41517 Grevenbroich

Korrespondenzautor: Ch. Piribauer E-Mail: christoph.piribauer@fgk-keramik.de

Keywords: Huminstoffe, Verflüssigung, Rheologie, Trockenbiegefestigkeit, DIN EN ISO 19822

 

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FGK-News Huminstoffe als Additive in keramischen Tonen und Massen